Therapie
27.04.2023
Lebenslanger Gesundheitsbegleiter werden
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Tipps zur Kommunikation mit den Patienten
Für Thomas Kotsch ist die Kommunikation des Physiotherapeuten mit dem Patienten einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren. Wie wird der Mensch in der Praxis aufgenommen und begleitet? Wichtig sind an dieser Stelle konkrete Lösungen für die vorhandenen Probleme, um ein (lebenslanger) Gesundheitsbegleiter zu werden.
Wie kommunizierst Du mit deinen Patienten? Der eine wie ihm der Schnabel gewachsen, laut, offensiv, viel, intensiv, der andere nordisch zurückhaltend, am liebsten gar nicht, nach dem Motto: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Der Schwabe sagt: Nix geschwätzt ist genug gelobt und so weiter.
Die Meisten von uns dürften eher wenig wissen über die Regeln der verbalen und nonverbalen Kommunikation. Und das, obwohl das ganze Leben nur im Kontakt mit anderen Menschen stattfindet, jeder Erfolg und jede Entwicklung auch immer abhängig ist von anderen Menschen.
Die Kommunikationspyramide
Auch wenn es begnadete Redner und Sprecher gibt und Du dich nicht dazu zählst: Talent schadet nicht, Training ist alles. Dann kommen wir mal zum Training und ich beschreibe Dir den Kommunikationsprozess anhand einer Pyramide. Folgende Prämissen setze ich voraus:
- ››› Nur die kommunizierte Leistung zählt.
- ››› Egal, was du Gutes tun kannst oder gelernt hast, Du musst es auch ‚verkaufen‘ können, sonst erfährt niemand davon.
- ››› Nicht über die Probleme unserer Patienten zu sprechen und ihnen keine Lösung anzubieten, ist ‚unterlassene Hilfeleistung‘.
Das mag hart klingen, ist aber meines Erachtens genauso.
Der Vertrauensvorschuss des Patienten
Fangen wir mit der Basis an, dem Vertrauen, das uns die Patienten entgegenbringen müssen. Wann hast Du Dich das letzte Mal halbnackt vor einem ziemlich fremden Menschen ausgezogen? Spontan fällt mir ein Arztbesuch ein, eventuell ein Saunabesuch.
Es gehört schon eine Menge Vertrauen dazu. Und ein echtes Problem, mit dem Rücken, dem neuen Knie oder nach einem Herzinfarkt beispielsweise. Sollte sich ein Patient für Deine Praxis entscheiden, dann kommt er mit einem Vertrauensvorschuss zu Dir, ganz bestimmt. Dann hat er gehört, dass Du und Dein Team gute Arbeit leisten, dann wurde Deine Praxis empfohlen, ob vom Arzt, von Bekannten oder Freunden. Oder er hat von Dir und Euch gelesen oder gehört. Vielleicht liegt aber Eure Praxis auch (nur) sehr gut, oder es sind die Farben und die Gestaltung der Praxis. Nur sehr selten kommen Patienten ‚einfach so‘ zu Euch.
Das Vertrauensverhältnis stärken
Mit dem Vorschuss an Vertrauen geht es in die erste Behandlung und der Therapeut hat fünf bis sechsmal 20 Minuten Zeit, dieses Vertrauen zu rechtfertigen und es zu verstärken. Dazu kommen noch die Kontaktzeiten mit anderen Patienten und mit der Anmeldung/Rezeption, die ebenfalls wichtig sind für den Aufbau und Ausbau von Vertrauen. Ein guter Kaffee oder Tee, ein Wasser, Referenzen im Wartebereich, kleine Checklisten für zuhause oder Übungsprogramme – ‚everything counts‘ (alles zählt), sagt der Amerikaner.
Die Vertrauensbasis sollte also überhaupt kein Problem darstellen in deiner Physiopraxis. Punkt 1 und mit 40 Prozentpunkten ein gehöriges Stück Wegstrecke auf unserem gemeinsamen Pfad mit dem Patienten haben wir damit gemeistert.
Die Bedarfsanalyse
Kommen wir zu Punkt 2, der Bedarfsanalyse, und mit ca. 30% Gewichtung innerhalb der Kommunikationspyramide auch noch ein ganz wesentlicher Faktor auf dem Weg zu einem längeren, gesünderen und glücklicheren Leben unserer Patienten.
Was machen wir in der Behandlung? Reden wir über das Wetter, oder die Politik, über die Krisen in der Welt und wie ungerecht doch alles ist? Wrong way, Dein jetziges Leben ist keine Generalprobe, es ist ‚the one and only‘!
Ich empfehle Dir, Deine Patienten konkret zu fragen, was ihnen fehlt durch ihre Verletzung oder ihre Schmerzen, was sie nicht mehr machen können im Moment und was sie unbedingt wieder können wollen und das möglichst schnell. Fehlt ihnen das Gefühl der Sicherheit (beim Gehen, Stehen, Bus fahren), fehlt ihnen die Anerkennung beim Golfen, fehlt ihnen die Gemeinschaft beim Wandern oder beim Segeln, weil sie schlichtweg im Moment an keinen Events mehr teilnehmen können oder fällt die liebgewonnene Betreuung der Enkel weg, weil der Rücken nicht mitmacht? Das sind doch ECHTE PROBLEME UND HERAUSFORDERUNGEN, oder?! Das sind doch Dinge, bei denen können wir extrem gut helfen. Da sind wir doch EXPERTEN drin. Da sind wir doch glaubwürdig – und das ist elementar.
Das Mindset gegenüber dem Patienten
Es ist leicht, über das Wetter zu reden. Es ist genauso leicht, über die Bedürfnisse, Wünsche und Träume der Patienten zu reden. Das ist nur ein anderes Mindset – eine andere Einstellung zu deinem Patienten. Willst Du deine Zeit ‚abarbeiten‘ und dann schnell weg aus der Praxis oder willst du der ‚lebenslange Gesundheitsbegleiter‘ deiner Patienten werden?
Es ist Deine Entscheidung, aber ich empfehle Dir: Zieh es durch und zeichne Dich in deinem Berufsleben dafür aus, dass du Hunderten oder Tausenden von Menschen geholfen hast, ein besseres, längeres und glücklicheres Leben zu leben. Einen größeren Orden brauchst Du nicht und einen größeren Verdienst gibt es kaum.
Das ‚pleasure and pain principle‘
Den dritten Bereich, die Präsentation von Lösungen, möchte ich Dir anhand von zwei Beispielen beschreiben. Grundsätzlich ist es so, dass wir Menschen aus zwei unterschiedlichen Antrieben heraus ins Handeln kommen. Zum einen wollen wir Schmerz oder Angst vermeiden und zum anderen Lust oder Spaß verspüren.
Das ‚pleasure and pain principle‘ wurde vom Psychologen Sigmund Freud begründet. Nehmen wir den Schmerz zuerst, da es der Antrieb ist, der am stärksten bei uns wirkt. Du hast also diese Rückenschmerzen, seit Monaten. Du warst in der Apotheke und hast fleißig gerieben und gesalbt, mit wenig oder gar keiner Linderung. Du hast Geld investiert, mit wenig Erfolg.
Dann bist Du zu einem Arzt gegangen und der hat Dich ein wenig untersucht und Dir dann Tabletten verschrieben, die auch wieder nicht oder nur wenig Linderung gebracht haben. Dann hattest du noch ein Wärmepflaster und die Apothekenrundschau und ganz zum Schluss hat Dir ein Bekannter einen Physiotherapeuten empfohlen, der ausgemachter Rückenspezialist sein soll. Da Du Dich inzwischen an Strohhalme klammerst, lässt Du Dir ein Rezept ausstellen und gehst hin.
Präsentation von Lösungen
Der Therapeut untersucht dich ausgiebig, fragt Dich nach Deinen beruflichen und privaten Herausforderungen, nach Deinen Wünschen und Träumen und nach Deinem Budget. Er stellt eine Auswertung zusammen und präsentiert Dir folgende Lösung: Manuelle Therapie (laut Rezept), begleitende Trainingstherapie sowie die Untersuchung Deiner Arbeits- und Lebensumwelt mit entsprechenden Vorschlägen zur Verbesserung. Das Ganze soll zwölf Wochen dauern, mit einem nicht allzu schnellen, aber kontinuierlichen Besserungsverlauf und bei einem Kostenaufwand von 150 €.
Der Therapeut vergleicht die Summe noch mit den bisherigen Ausgaben, mit den Einschränkungen, die Du hast und mit dem Zukunftsszenario, das es nicht besser, sondern eher schlechter werden wird. Er übergibt eine Liste an Referenzen und/oder weist eine Verbesserungsgarantie aus anhand von Analysen, die persönlich oder apparativ möglich sind – und wenn es nur die Borg-Skala für Schmerzen ist. Dann erwähnt er noch eine Kleingruppe, die gut zu Dir passen würde und die neu am Montag startet.
Wie würdest du Dich selbst fühlen? Du bist bei Experten oder ausgewiesenen Spezialisten, es erfolgte eine ausführliche Analyse und Auswertung, klare Fragen wurden gestellt und auf die eigenen Vorstellungen eingegangen. Man präsentierte Dir exakt die Lösung, die Du als Patient willst und Du fühlst dich endlich ‚angekommen‘ und verstanden.
Abschluss bzw. Vereinbarung
So sollte eine Kommunikationspyramide, eine Therapeuten-Patienten-Kommunikation aussehen, oder? So sollte eigentlich jede Kommunikation aussehen. Und wenn das alles so passiert, dann kommt nach der Lösungspräsentation nicht der eigentliche Abschluss eines Geschäfts, bei dem alle psychologischen Tricks nochmals angewendet werden müssen, um dahin zu kommen, sondern es erfolgt ein gemeinsamer Beschluss zwischen Therapeut und Patient. Ihr seid euch einig und das dokumentiert Ihr im Rahmen einer Vereinbarung, oder eines Vertrages. Das schreibe ich nur noch mal, weil Vertrag von vertragen kommt.
Mache den Beruf zur Berufung
Fassen wir die Kommunikationspyramide nochmals zusammen. Egal, wie Du vorher über das Thema Verkaufen gedacht hast – Du kannst nie wieder so denken. Niemand anderes hat die Möglichkeit, deine Einstellung zu ändern, niemand kann Dich motivieren, es bist Du, der oder die das machen muss, aber auch ganz einfach machen kann.
Und dann beginnt ein neues Leben und dieses neue Leben wird deinen Beruf endgültig zur Berufung machen! Werde lebenslanger Gesundheitsbegleiter deiner Patienten. Mache Hunderte und Tausende in Deiner Stadt glücklich. Hilf ihnen, ein gesundes und langes Leben zu führen – und Du wirst Deine investierte Energie zigfach wieder zurückbekommen.
Thomas Kotsch
Bild: © fotolia.com_ zinkvych
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